OLG Oldenburg, Urteil vom 25. Juli 1990, 4 U 89/89

OLG Oldenburg, Urteil vom 25. Juli 1990, 4 U 89/89

Schattenwurf durch Überhang vom Nachbargrundstück

Gericht

OLG Oldenburg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

25. 07. 1990


Aktenzeichen

4 U 89/89


Leitsatz des Gerichts

Die Beseitigung überhängender Zweige kann nicht verlangt werden, wenn durch den Schattenwurf der zurückbleibenden Restkrone die Nutzung des angrenzenden Grundstücks wie bisher beeinträchtigt wäre.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Der Kl. und die Bekl. zu 2 sind Grundstückseigentümer. Der Bekl. zu 1 ist der Ehemann der Bekl. zu 2. Die Grenze zwischen den Grundstücken verläuft in Ost-West-Richtung oberhalb eines steilen Abhangs, dessen Höhenunterschied etwa 9 bis 15 m beträgt. Das Grundstück des Kl. liegt am Fuße des mit Buschwerk dicht bewachsenen Hangs. Auf dem Grundstück der Bekl. stehen entlang der Grenze – von dieser etwa 1 m und weniger entfernt – insgesamt 10 Bäume, vorwiegend Eichen, mit einer Höhe zwischen 20 und 30 m, die bis zu 100 Jahre alt sind. Von diesen Bäumen ragen Äste in das Grundstück des Kl. hinein. Das Grundstück des Kl. ist stark verschattet. Mit Schreiben vom 31. 7. 1988 hat der Kl. den Bekl. zu 1 vergeblich aufgefordert, die überhängenden Zweige bis zum 12. 8. 1988 zu entfernen. Etwa sieben oder acht Jahre zuvor hatten die Bekl. die seinerzeit in das Grundstück des Kl. hineingewachsenen Äste zurückschneiden lassen. Der Kl. macht geltend, dass die überhängenden Zweige die Nutzung seines Grundstücks beeinträchtigten. Der Licht- und Sonneneinfall auf seinem Grundstück sei stark behindert, das Pflanzenwachstum werde dadurch gestört. Eine Fichtenschonung, die er nach dem früheren Zurückschneiden der Äste angelegt hatte, sei eingegangen. In unzuträglichem Ausmaß falle Laub an, auf der von den Zweigen abgedeckten Garage bilde sich Moos. Schließlich sei auch der Fernsehempfang betroffen. Die überhängenden Zweige ließen die Aufstellung einer Parabolantenne zum Empfang der Satellitenprogramme nicht zu.

Die Klage auf Beseitigung der überhängenden Zweige bzw. auf Zahlung der Kosten für die Beseitigung der Zweige hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Es steht außer Streit, dass der Kl. den Baumbewuchs auf dem Grundstück der Bekl. zu 2, soweit dieser jenseits der Grundstücksgrenze verbleibt, hinzunehmen hat. Gegenüber der Beeinträchtigung, die dem Kl. hieraus – sowie ohnehin aus der Hanglage seines Grundstücks – hinsichtlich der Nutzung des Grundstücks entsteht, bedeuten die vom Grundstück der Bekl. zu 2 herüberragenden Zweige keine ins Gewicht fallende weitere Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung. Das Recht, die von einem Nachbargrundstück überhängenden Zweige abzuschneiden, und auch der Anspruch auf Beseitigung der Zweige setzten jedoch eine Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung gerade durch diese Zweige voraus (§§ 910, 1004 BGB).

Bereits das LG hat darauf erkannt, dass die entlang der Grundstücksgrenze stehenden Bäume infolge ihrer Ost-West-Ausrichtung die von Osten über Süden nach Westen wandernde Sonne auch dann abdecken, wenn die auf das Grundstück des Kl. – nach Norden hin – über die Grundstücksgrenze hinausragenden Zweige entfernt werden. Die Augenscheinseinnahme, die der Senat durchgeführt hat, hat das bestätigt. Ein Abschneiden der derzeit überhängenden Zweige würde diese Abdeckwirkung zur Überzeugung des Senats auch nicht entscheidend vermindern. Die Bäume behielten vielmehr – wie die Augenscheinseinnahme dem Senat deutlich gemacht hat – eine Restkrone, deren Schattenwurf die Nutzung des kl. Grundstücks nahezu wie bisher beeinträchtigen würde.

Soweit die gärtnerische Nutzung des kl. Grundstücks betroffen ist, hat der zum Augenscheinstermin des Senats hinzugezogene Gartenbauingenieur aus sachverständiger Sicht herausgestellt, dass eine Entfernung des Zweigüberhangs in Ansehung des verbleibenden Baumbewuchses und seines Wurzelwerks sowie in Ansehung der Hanglage des Grundstücks keine spürbare Besserung bewirken würde. Zum Antennenempfang von Satellitenprogrammen auf dem Grundstück des Kl. hat der zum Augenscheinstermin des Senats weiter hinzugezogene Radio- und Fernsehtechniker nach entsprechenden Messungen ausgeführt, dass es vordringlich die Höhe des an der Grundstücksgrenze befindlichen Baumbewuchses sei, die einen störungsfreien Empfang hindere, soweit die Antenne unmittelbar am Hause des Kl. angebracht werde. Der Senat hat keinen Anlass, dem mit Zweifeln zu begegnen. Die Einholung weiterer Gutachten ist nicht geboten.

Der Kl. muss sich danach darauf verweisen lassen, dass die Nutzungsbeeinträchtigung seines Grundstücks im wesentlichen – über die Hanglage dieses Grundstücks hinaus – die Folge des Baumbewuchses an der Grenze des Grundstücks der Bekl. zu 2 ist, den er als solchen hinzunehmen hat. Seinem Rechtsmittel war demgemäss der Erfolg zu versagen.

Rechtsgebiete

Nachbarrecht; Garten- und Nachbarrecht