BAG 9. Senat, Revisionsurteil vom 21. Oktober 1997, 9 AZR 253/96

BAG 9. Senat, Revisionsurteil vom 21. Oktober 1997, 9 AZR 253/96

Arbeitnehmerweiterbildung – Jedermannzugänglichkeit

Gericht

BAG 9. Senat


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

21. 10. 1997


Aktenzeichen

9 AZR 253/96


Leitsatz des Gerichts

BAG BildungsurlaubsGNRW § 1 Abs. 2 , §§ 7 , 9 Satz 1 (Nordrhein-westfälisches Gesetz zur Freistellung von Arbeitnehmern zum Zwecke der beruflichen und politischen Weiterbildung – Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz – AWbG); 1. Gesetz zur Ordnung und Förderung der Weiterbildung im Lande Nordrhein-Westfalen (Weiterbildungsgesetz – WbG) § 2 Abs. 4

Tatbestand


Auszüge aus dem Sacherhalt:

Die Parteien streiten über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts für die Teilnahme an einer Bildungsveranstaltung.

Der Kl. ist seit mehreren Jahren in dem Werk N. der Bekl. beschäftigt. Zu Beginn des Jahres 1995 teilte er zusammen mit einigen anderen Arbeitskollegen der Bekl. schriftlich mit, er beabsichtige, Bildungsurlaub für die Teilnahme an dem von der IG Metall Verwal tungsstelle N. im DGB-Bildungswerk NRW e.V. vom 24. bis 28. 4. 1995 angekündigten Seminar „Arbeitnehmer in Betrieb, Wirtschaft und Gesellschaft I“ in Anspruch zu nehmen. Diese Veranstaltung ist vom Kultusministerium Nordrhein-Westfalen mit Bescheid vom 19. 12. 1994 (III C – 2-21-0/3 Nr. 1114/94) nach § 9 Satz 1d AWbG genehmigt und zugleich vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales nach § 37 Abs. 7 BetrVG als für Betriebsräte geeignete Schulungs- und Bildungsveranstaltung anerkannt worden. Das Seminar ist zusammen mit sechs anderen nach § 9 AWbG genehmigten Bildungsveranstaltungen in der Ende 1994 von der vom Veranstalter herausgegebenen Jahresübersicht „Regionale Seminare 1995“ mit dem Zusatz aufgeführt worden:

„Jeder interessierte Teilnehmer/in sollte sich rechtzeitig beim Betriebsrat oder der IG Metall Verwaltungsstelle N. melden!

Tel.: …

Wir freuen uns über alle, die kommen!“

Diese Übersicht war im Foyer des N. Gewerkschaftshauses seit Ende 1994 angeschlagen, zusätzlich ist sie mit der Bitte um Aushang an alle Betriebsräte von Metallbetrieben nebst Themenplan und Einladungsschreiben versandt worden:

„THEMENPLAN

ARBEITNEHMER IN BETRIEB, WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT I

LERNZIEL:

Angestrebt wird die Vermittlung von Grundkenntnissen der sozialen und ökonomischen Zusammenhänge in Betrieb, Wirtschaft und Gesellschaft sowie Informationen über die Aufgaben des Betriebsrates.

TEILNEHMER:

An diesem Seminar können gewerkschaftliche Mitglieder, aber auch Nicht-Mitglieder, ab 18 Jahren teilnehmen, die bisher noch keine Seminare besucht haben.

Montag:

… Aufbau, Funktion, Ziele und Strukturen von Betrieb und Unternehmungen. Der Betrieb im Spannungsfeld sozialer Interessen. Der Betriebsrat als Träger der Interessenvertretung der Arbeitnehmer.

Dienstag/Mittwoch:

…Die Stellung der Angestellten im Betrieb, Gruppe und Gruppeninteressen, Soziale und wirtschaftliche Lage der Arbeitnehmer. Die Stellung des Betriebsrates im System der Rechtsordnung, Verhalten bei der Zusammenarbeit, Strategie und Taktik, Informationsaustausch und Kommunikation des Betriebsrates mit der Belegschaft und anderen Stellen.

Donnerstag/Freitag:

Die Arbeitsteilung der Funktionsträger im Betrieb …

Vertrauensleute

Betriebsratsmitglieder

Jugendvertreter

Schwerbehinderte

Sicherheitsbeauftragte usw.

Die Stellung der Gewerkschaft im Betrieb nach dem BetrVG und der bisherigen Rechtsprechung.
…“


„EINLADUNG

Seminar:
Arbeitnehmer i. Betrieb, Wirtschaft u. Gesellschaft

Termin:
24. 4. – 28. 4. 1995

Das o.a. Seminar findet statt im S. Landhaus K., …

Die Kosten für Übernachtung und Verpflegung betragen insgesamt 558 DM. Mitglieder der IG Metall können bei der Ortsverwaltung N. einen Antrag auf Kostenerstattung stellen.

…“

Die Bekl. lehnte am 16. 3. 1995 die Freistellung mit der Begründung ab, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Arbeitnehmerweiterbildung seien nicht erfüllt. Auf Vermittlung des Betriebsrats einigten sich die Parteien im April 1995 darauf, daß der Kl. „außerhalb des Arbeitnehmerweiterbildungsgesetzes“ freigestellt werde und die Bekl. nach gerichtlicher Klärung der Anerkennungsvoraussetzungen das Arbeitsentgelt nachzugewähren habe.

Der Kl. hat an der Bildungsveranstaltung teilgenommen. Mit der am 12. 7. 1995 erhobenen Klage verlangt er die Fortzahlung des Arbeitsentgelts.

Er hat beantragt, die Bekl. zu verurteilen, an ihn 770,63 DM brutto nebst 4% Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Bekl. hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das ArbG hat der Hauptforderung stattgegeben, Zinsen jedoch nur auf den Nettobetrag zugesprochen. Das LAG hat die vom ArbG zugelassene Berufung zurückgewiesen. Die zugelassene Revision der Bekl. hat Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

I. Die Revision der Bekl. ist unbegründet. Entsprechend der zwischen den Parteien im April 1995 geschlossenen Vereinbarung hat die Bekl. das für den 24. bis 28. 4. 1995 geschuldete Arbeitsentgelt zzgl. Prozeßzinsen (§ 291 BGB) zu zahlen.

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist zwar nach dessen § 2 S. 1 das nordrhein-westfälische Gesetz zur Freistellung von Arbeitnehmern zum Zwecke der beruflichen und politischen Weiterbildung (NWAWbG) anzuwenden. Der Kl. hat aber keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 7 AWbG.

Nach der st. Rspr. des Senats entsteht der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 7 NWAWbG nur, wenn der Arbeitgeber erklärt, den Arbeitnehmer von der Arbeit zur Teilnahme an einer Arbeitnehmerweiterbildungsveranstaltung freizustellen (BAGE 73, 135 (137) = NZA 1993, 1087; BAG, Urt. v. 21. 9. 1993 – 9 AZR 935/91; BAGE 74, 204 (205) = NZA 1994, 454; BAGE 81, 180 (182) = NZA 1996, 759 = AP Nrn. 2, 7, 6 und 21 zu § 1 BildungsurlaubsG NRW). An der für den Anspruch aus § 7 NWAWbG erforderlichen Freistellungserklärung fehlt es hier.

2. Der Anspruch des Kl. ergibt sich aus der besonderen Vereinbarung von April 1995.

a) Die Bekl. hat mit Schreiben vom 12. 4. 1995 angeboten, bei gerichtlicher Feststellung der Anerkennungsvoraussetzungen für eine Arbeitnehmerweiterbildungsveranstaltung das Arbeitsentgelt vom 24. bis 28. 4. 1995 fortzuzahlen. Der Kl. hat nach der Feststellung des LAG rechtzeitig angenommen. Aus dieser zulässigen Sondervereinbarung ergibt sich eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung zur Fortzahlung des Entgelts (vgl. Senat, NZA 1993, 1032 (1033); BAGE 74, 99 (105) = NZA 1994, 272 = AP Nr. 9 zu § 1 BildungsurlaubsG NRW).

b) Die vertraglich vereinbarte Bedingung für die Entgeltfortzahlung ist erfüllt. Das LAG hat ausgeführt, die vom Kl. besuchte Bildungsveranstaltung “Arbeitnehmer in Betrieb, Wirtschaft und Gesellschaft I” gelte als anerkannt, weil sie entsprechend § 1 II NWAWbG der Arbeitnehmerweiterbildung gedient habe und von dem Veranstalter nach Genehmigung durch den zuständigen Minister (§ 9 S. 1 lit. d AWbG) gem. den Bestimmungen des Weiterbildungsgesetzes durchgeführt worden sei. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Das Seminar “Arbeitnehmer in Betrieb, Wirtschaft und Gesellschaft I” dient der Arbeitnehmerweiterbildung i.S. von § 1 II NWAWbG. § 1 II 2 NWAWbG stellt ausdrücklich klar, daß Gegenstand der Arbeitnehmerweiterbildung auch eine Lehrveranstaltung sein kann, die sich in Verbindung von beruflichen und politischen Inhalten auf die Stellung des Arbeitnehmers in Gesellschaft und Beruf bezieht. Die Veranstaltung entspricht hinsichtlich ihrer Lernziele und ihres Themenplans diesen Vorgaben. Das hat der Senat für diesen Seminartyp bei Prüfung der vergleichbaren Anforderungen, die in Hessen an die politische Weiterbildung nach § 1 III HBUG zu stellen sind, bereits bejaht (BAGE 72, 200 (210) = NZA 1993, 1032 = AP Nr. 1 zu § 9 BildungsurlaubsG Hessen). Davon ist auch das LAG zu Recht ausgegangen. Die Revision erhebt insoweit auch keine Einwände.

bb) Nach § 9 S. 1 lit. d NWAWbG bedurfte die Veranstaltung der Genehmigung durch den zuständigen Minister, weil die durchführende Verwaltungsstelle der IG Metall nicht selbst als Einrichtung der Weiterbildung anerkannt war. Die erforderliche Einzelgenehmigung ist nach der Feststellung des LAG durch den zuständigen Kultusminister erteilt worden.

cc) Die Bildungsveranstaltung ist nach § 9 S. 1 NWAWbG entsprechend den Bestimmungen des Weiterbildungsgesetzes (WbG) durchgeführt worden. Dabei ist § 2 IV 1 NWWbG gewahrt worden. Die angebotene Lehrveranstaltung war für jedermann zugänglich.

Das LAG hat dazu nach Beweisaufnahme festgestellt, daß die Übersicht über die regionalen Seminare 1995, der Themenplan der Veranstaltung sowie das Einladungsschreiben der IG Metall Verwaltungsstelle seit Ende 1994 im Betrieb der Bekl. am “Schwarzen Brett” des Betriebsrats sowie in anderen Betrieben des Bezirks ausgehangen haben. Daraus hat das LAG auf eine hinreichende öffentliche Bekanntgabe geschlossen. Die Teilnahmemöglichkeit sei auch nicht durch den Tagungsbeitrag für Übernachtung und Verpflegung in Höhe von 558 DM beschränkt worden. Ein Interessent, der nicht bei der veranstaltenden IG Metall organisiert sei, habe nicht erwarten können, daß er von den entstehenden Hotelkosten freigestellt werde.

Das ist rechtlich nicht zu beanstanden.

“Für jedermann zugänglich” i.S. von § 9 S. 1 NWAWbG i.V. mit § 2 IV 1 NWWbG ist eine Bildungsveranstaltung, wenn sie den nach § 2 NWAWbG anspruchsberechtigten Arbeitnehmern offensteht. Richtet sich die Veranstaltung nur an Gewerkschaftsmitglieder, ist sie nicht für jedermann zugänglich (vgl. BAGE 62, 28 = NZA 1989, 889 = AP Nr. 4 zu § 9 BildungsurlaubsG NRW und BAGE 65, 352 = NZA 1991, 109 = AP Nr. 7 zu § 9 BildungsurlaubsG NRW; BAGE 75, 58 = NZA 1994, 448 = AP Nr. 8 zu § 9 BildungsurlaubsG NRW). So war es hier nicht.

Die Ankündigung der Veranstaltung in der Jahresübersicht, die Beschreibung der Teilnehmervoraussetzungen im Themenplan und in der Einladung sind so abgefaßt, daß ausdrücklich auch Nichtmitglieder der IG Metall angesprochen werden. Zu diesem Zweck ist auf der Jahresübersicht durch Größe und Schriftart hervorgehoben “Wir freuen uns über alle, die kommen!”. Nach den Feststellungen des LAG ist die Teilnahmemöglichkeit von Nichtorganisierten auch hinreichend bekanntgegeben worden. Der öffentliche Aushang am Schwarzen Brett der Metallbetriebe im Kreis N. hat gewährleistet, daß alle interessierten Arbeitnehmer von Metallbetrieben, bei denen Betriebsräte bestehen, die Möglichkeit der Kenntnisnahme und Anmeldung erhielten. Das genügt für ein regionales Seminar.

Entgegen der Revision ist die Zugänglichkeit auch nicht durch das Anmeldeverfahren unzulässig beschränkt worden. Durch den Hinweis, sich über den Betriebsrat bei der durchführenden Verwaltungsstelle der Gewerkschaft anmelden zu können, ist die von der Revision geltend gemachte Hemmschwelle, sich als Nichtorganisierter mit der Gewerkschaft in Verbindung zu setzen, sogar abgebaut worden.

Soweit die Revision geltend macht, durch den Hinweis auf die Anerkennung nach § 37 VII BetrVG sei die Zugänglichkeit für jedermann ausgeschlossen worden, kann dem nicht gefolgt werden. Die Veranstaltung war nicht als Spezialschulung für Betriebsräte ausgeschrieben. Nach dem Themenplan sollten Grundkenntnisse über die Stellung der Arbeitnehmer und der in Betrieb sowie im Unternehmen zu wählenden Arbeitnehmervertretungen vermittelt werden. Da das zu erwerbende Wissen erkennbar Arbeitnehmer befähigen soll, sich zukünftig um ein betriebsverfassungsrechtliches Amt zu bewerben, kann die Aussicht auf Erfahrungsaustausch mit bereits gewählten Betriebsräten sogar die Attraktivität der Bildungsveranstaltung erhöhen.

Entgegen der Ansicht der Revision stellt der von der durchführenden Verwaltungsstelle erhobene Kostenbeitrag von 558 DM für Verpflegung und Unterkunft in dem S-Hotel Landhaus Kallbach, keine unzumutbare Kostenhürde für die Allgemeinzugänglichkeit der dort abgehaltenen Bildungsveranstaltung dar.

Die Revision verkennt, daß nach dem NWAWbG jeder Arbeitnehmer die Kosten der Bildungsveranstaltungen selbst zu tragen hat. Der Arbeitnehmer wird lediglich insoweit von Lasten befreit, daß der Arbeitgeber nach § 7 NWAWbG für die Dauer der Arbeitnehmerweiterbildung das Entgelt fortzuzahlen hat. Die Bildungseinrichtungen sind nicht verpflichtet, die Kosten für Lehrveranstaltungen und Unterbringung sowie Verpflegung der Teilnehmer zu tragen. Ihre Befugnis, von den Teilnehmern Entgelt oder Kostenbeiträge zu verlangen, ist lediglich insoweit eingeschränkt, daß nach § 9 S. 2 NWAWbG und § 23 II Nr. 5 NWWbG die Veranstaltungen nicht der Gewinnerzielung dienen dürfen. Für den Streitfall hat das LAG hier festgestellt, die Gewinnschwelle sei nicht erreicht worden, sondern den Arbeitnehmern seien lediglich die Hotelkosten berechnet worden. Das kann nicht beanstandet werden. Der teilnehmende Arbeitnehmer erhält für diesen Kostenbeitrag den Service eines gehobenen Hotels der Marke “S”. Diese Art der Unterbringung und Verpflegung mag sogar bei manchen Interessenten die Attraktivität des Seminars gegenüber der Veranstaltung in einer gewerkschaftlichen Schulungseinrichtung erhöhen. Ob ein Arbeitnehmer dieses Angebot unter Beurteilung des Preis-Leistungs-Verhältnisses annimmt, unterliegt seiner freien Entscheidung. Dazu hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit der Auswahl aus den vielfältigen, preislich höher und niedriger gestalteten Angeboten. Aus der Sicht des Interessenten stellt sich die Kostenbelastung jeweils als Ergebnis der von den verschiedenen Veranstaltern angebotenen unterschiedlichen Veranstaltungen dar. Dabei mögen neben der Kostenhöhe auch die Anforderungen, die der jeweilige Interessent an die Qualität des Lehrangebots und der Unterbringung stellt, entscheidungserheblich sein. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen, diese Wahlfreiheit zu beschränken, indem Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen davor geschützt werden, für ihre Verhältnisse zu teuere Veranstaltungen zu besuchen. Das verkennt die Revision.

Die Jedermannzugänglichkeit ist schließlich auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil in der Veranstaltungsankündigung den Mitgliedern der IG Metall in Aussicht gestellt worden ist, bei ihrer Ortsverwaltung einen Antrag auf Kostenerstattung stellen zu können. Damit mag die Veranstaltung für Mitglieder attraktiver sein als für Nichtmitglieder. Daraus folgt entgegen der Ansicht der Revision aber noch nicht eine die Allgemeinzugänglichkeit der Veranstaltung ausschließende Zugangserschwerung.

Das LAG hat dazu zutreffend ausgeführt, die unterschiedliche Behandlung von Mitgliedern und Nichtmitgliedern sei sachlich gerechtfertigt. Das leuchtet ein. Denjenigen, die nicht verpflichtet sind, einen bestimmten Prozentteil ihrer Einkünfte als Mitgliedsbeitrag zu zahlen, steht im Verhältnis zu den Mitgliedern ein größerer Teil ihres Arbeitseinkommens zur Verfügung. Schon deshalb können sie nicht erwarten, daß ihnen die für Mitglieder in Aussicht gestellten Leistungen gewährt werden. Soweit die Revision auf die Mitglieder anderer Gewerkschaften abstellt, ist darauf erwidert worden, je nach Satzungslage komme eine Kostenerstattung durch die andere Mitgliedsgewerkschaft in Betracht. Ob das tatsächlich zutrifft, ist unerheblich. Denn auch hier gilt, wer nicht die Pflichten eines Mitglieds erfüllt, kann nicht erwarten, daß ihm die einem Mitglied zustehenden Leistungen gewährt werden.

c) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Entgeltfortzahlungspflicht sind nicht angebracht. Zwar kann aus koalitionsrechtlichen Gründen kein Arbeitgeber zur Finanzierung seines sozialen Gegenspielers verpflichtet werden (vgl. BAG, AP Nr. 11 zu § 40 BetrVG1972 und BAG, NZA 1995, 1120 = AP Nr. 47 zu § 40 BetrVG1972). Im Streitfall wird der Arbeitgeber nicht herangezogen, die Ausbildung von Gewerkschaftsfunktionären zu finanzieren. Die Lehrveranstaltung hat die Vermittlung von Grundkenntnissen über die Organe der Unternehmens- und Betriebsverfassung zum Inhalt.

Vorinstanzen

LAG Düsseldorf, 6 Sa 1387/95, 06.02.1996

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht

Normen

Nordrhein-westfälisches Gesetz zur Freistellung von Arbeitnehmern zum Zwecke der beruflichen und politischen Weiterbildung (Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz – NWAWbG) §§ 1 II, 7, 9 S. 1; 1. Gesetz zur Ordnung und Förderung der Weiterbildung im Lande Nordrhein-Westfalen (Weiterbildungsgesetz – NWWbG) § 2 IV