OLG Karlsruhe, Berufungsurteil vom 12. Juli 2006, 1 U 20/06

OLG Karlsruhe, Berufungsurteil vom 12. Juli 2006, 1 U 20/06

Mobilfunksendestationen Mietverträge

Gericht

OLG Karlsruhe


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

12. 07. 2006


Aktenzeichen

1 U 20/06


Leitsatz des Gerichts

Bei Gemeinschaften von Miteigentümern stimmt die Mehrheitsentscheidung, einen Mietvertrag über die Errichtung einer Mobilfunksendestation auf dem Dach des gemeinschaftlichen Wohnhauses nicht abzuschließen, mit einer dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechenden Verwaltung und Benutzung i.S. von § 745 II BGB überein.

Auch bei Einhaltung der Grenzwerte der 26. BImSchV kann nach der Verkehrsanschauung bereits die Besorgnis einer Gesundheitsgefahr die Gebrauchstauglichkeit von Mieträumen zu Wohnzwecken beeinträchtigen. Die Nutzung eines Gebäudes durch Vermietung oder seine Verwertung durch Verkauf (von Miteigentumsanteilen) können durch die Installation einer Mobilfunksendeanlage beeinträchtigt werden. Da bereits die ernsthafte Möglichkeit einer Wertminderung ausreicht, kommt es auf deren tatsächliches Eintreten nicht an.

Tenor

  1. Die Berufung der Kl. gegen das Urteil des LG Heidelberg vom 12.01.2006 – 1 O 360/04 – wird zurückgewiesen.

  2. Die Kl. haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

  3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

  4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe


Gründe:

I.

Die Kl. verlangen die Zustimmung der Bekl. zum Abschluss eines Mietvertrages. Die Parteien sind Miteigentümer des Anwesens X in Y, wobei die Bekl. Inhaberin eines Anteils von 5/9 ist. Der Kl. Ziffer 1 erhielt im Frühjahr 2004 ein Angebot eines Mobilfunkanbieters zum Abschluss eines Mietvertrages zur Errichtung einer Funkfeststation auf dem Dach des Gebäudes. Der Jahresmietzins sollte 4.500.– € betragen. Eine Kündigung des Mietvertrages ist nach dem Vertragsentwurf erstmals zum 30.04.2024 möglich. Die Bekl. hat es im Gegensatz zu den Kl. abgelehnt, den Mietvertrag abzuschließen.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des LG wird Bezug genommen (§ 540 I Nr. 1 ZPO).

Die Kl. haben beantragt,

die Bekl. zu verurteilen, der Vermietung einer Fläche im Dachgeschoß des Gebäudes X in Y zur Errichtung einer Antennenanlage, Versorgungseinheit, Kabelwege und Zuwege in und auf dem Gebäude an die Firma Z- Mobilfunk zu den im Einzelnen bezeichneten Vertragsbestimmungen des Angebots der Firma Z- Mobilfunk zuzustimmen.

Die Bekl. hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Abschluss des Mietvertrages mit dem Ziel der Errichtung einer Mobilfunkantenne stelle keine zur Erhaltung des Gebäudes notwendige Maßnahme dar. Die Anbringung der Antenne biete lediglich die Möglichkeit, Mieteinnahmen zu erzielen. Dies stelle aber keine Maßnahme dar, die den Wert des Hauses oder die Substanz des Gebäudes erhalte.

Die Kl. könnten die begehrte Zustimmung der Bekl. auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 745 II BGB verlangen. Hier könne unter mehreren zur Auswahl stehenden Maßregeln nur diejenige durchgeführt werden, die das Interesse aller Teilhaber bestmöglich wahre. Voraussetzung einer Regelung durch das Gericht sei allerdings eine Uneinigkeit der Mitberechtigten, die auch durch die Mehrheit nicht behoben werden könne. Die Bekl. habe allerdings als Inhaberin der Mehrheitsbeteiligung den Abschluss des Mietvertrages abgelehnt, so dass ein Mehrheitsbeschluss vorliege. Dieser widerspreche der ordnungsgemäßen Verwaltung nicht. Zwar biete die Vermietung auch Vorteile, indem der erzielte Mietzins der Eigentümergemeinschaft zu Gute komme. Andererseits seien Gesundheitsgefährdungen durch die Mobilfunkantenne nicht auszuschließen. Bereits die Ungewissheit bezüglich einer möglichen Beeinträchtigung reiche aus, die Mehrheitsentscheidung als wirksam anzusehen, da sie dem billigen Ermessen aller Teilhaber entspreche.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kl., die ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholen und vertiefen. Zwar sei die Vermietung nicht die einzig zwingende Maßnahme. Entscheidend sei jedoch ein wirtschaftlicher Maßstab. Die Gemeinschaft verfüge über keine anderen finanziellen Mittel, um die bestehende, desolate Lage zu ändern. Im Hinblick auf § 745 II BGB liege zwar ein Mehrheitsbeschluss vor, dieser entspreche aber nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Das Gebäude sei in höchst sanierungsbedürftigem Zustand. Der Abschluss des Mietvertrages ermögliche hingegen, die gegenüber einer Bank bestehenden Verbindlichkeiten zu bedienen. Zudem verhindere er weiteren Wertverlust. Das LG habe zu Unrecht angenommen, dass der Mehrheitsbeschluss der Billigkeit entspreche und hierbei dem Interesse an der finanziellen Sanierung die bloße Möglichkeit einer Gesundheitsgefährdung gegenübergestellt. Demgegenüber beständen tatsächlich keine Risiken für die Gesundheit, weil die Mobilfunkfeststation die maßgeblichen Grenzwerte der 26. BImSchV einhalte. Hieraus ergebe sich, dass die Beeinträchtigung durch die Funkwellen unwesentlich sei. Jedenfalls hätte die Bekl. Umstände beweisen müssen, die das in der Einhaltung der Grenzwerte liegende Indiz erschüttern. Dies sei aber nicht erfolgt. Abstrakte Gefahren seien insoweit nicht ausreichend.

Die Kl. beantragen,

unter Abänderung des am 12.01.2006 verkündeten Urteils des LG Heidelberg die Bekl. zu verurteilen, der Vermietung einer Fläche im Dachgeschoß des Gebäudes X in Y, zur Errichtung einer Antennenanlage, Versorgungseinheit, Kabelwege und Zuwege in und auf dem Gebäude an die Firma Z-Mobilfunk zu den im Einzelnen bezeichneten Vertragsbestimmungen des Angebots der Firma Z-Mobilfunk zuzustimmen.

Die Bekl. beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie sei nach reiflicher Überlegung zu dem Schluss gelangt, dass der mögliche gesundheitsgefährdende Aspekt erheblich und nicht von der Hand zu weisen sei. Demgegenüber trete das Interesse der Kl. an einer minimalen Erhöhung der Mieteinnahmen zurück. Dabei sei auch zu beachten, dass die Kl. den auf sie entfallenden Teil der Verbindlichkeiten gegenüber der Bank in Höhe von 527,75 € monatlich nicht bedienen. Auch die von ihnen selbst zu bezahlende Miete behielten die Kl. ein, wodurch ein weiterer Fehlbetrag entstehe. Durch die von den Kl. angestrebten Mieteinnahmen könnten die monatlich zu leistenden Zahlungen nicht erbracht werden.

Das LG habe auch die Interessen ordnungsgemäß abgewogen. Durch eine Mobilfunksendestation werde der Wert der Immobilie gemindert, selbst wenn diese in einer Entfernung von 100 Metern stehe.

Die Kl. erwidern hierauf, im Umkreis von 100 Meter um das gemeinschaftliche Gebäude befänden sich bereits mehrere Sendemasten, so dass kein (weiterer) Wertverlust eintreten könne. Der Einbehalt der Miete durch die Kl. rechtfertige sich, weil auch die Bekl. die Einnahmen aus zwei Mieten nicht auf das gemeinschaftliche, sondern auf ihr privates Konto leite. Hieraus folge ein Ausgleichsanspruch der Kl. von über 30.000.– €.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter (§ 527 ZPO) legten die Kl. eine handschriftliche Erklärung der Bekl. vom 02.12.2005 vor, die unter der Überschrift „Zustimmungserklärung“ die Worte enthält „Ich erkläre, dass eine Funkstation auf das Haus X erlaubt ist“.

Die Kl. stützten nachfolgend die Berufung auch auf diese Erklärung und führten aus, die Bekl. habe solche Zusagen zuvor mehrmals mündlich abgegeben, ihre Zustimmung später aber jeweils unter die Bedingung des Verkaufs des Hauses gestellt. Entsprechend sei das Schriftstück zunächst nur vorgelegt worden, um darzustellen, dass die Bekl. tatsächlich keine Gesundheitsgefahren befürchte. Eine allgemeine Befürchtung von Beeinträchtigungen in der Bevölkerung könne kein Grund sein, die Verweigerung der Zustimmung durch die Bekl. als Ausübung billigen Ermessens anzusehen.

Die Bekl. erklärte zu der „Zustimmungserklärung“ vom 02.12.2005, diese sei einerseits verspätet vorgelegt. Andererseits sei sie erst abgegeben worden, nachdem sich die Parteien auf den Verkauf des Hauses geeinigt hätten. Sie gelte daher auch nur für diesen Fall.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.


II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die Kl. haben keinen Anspruch auf die begehrte Zustimmung der Bekl..

Mit der „Zustimmungserklärung“ vom 02.12.2005 kann der geltend gemachte Anspruch nicht begründet werden, weil diese Erklärung keinen unbedingten Rechtsbindungswillen der Bekl. enthielt. Deswegen kann offen bleiben, ob mit Abgabe der beanspruchten Erklärung der Klaganspruch bereits erfüllt wäre.

Allerdings ist die Vorlage der Zustimmungserklärung erstmals im Berufungsverfahren nicht verspätet, §§ 530, 296 I, IV, 531 II ZPO. Eine Präklusion gem. § 531 II ZPO scheidet aus, weil den Kl. nicht vorgeworfen werden kann, diese Erklärung der Bekl. nicht in I. Instanz vorgelegt zu haben. Die mündliche Verhandlung vor dem LG Heidelberg wurde am 03.11.2005 geschlossen, wohingegen die fragliche Bestätigung vom 02.12.2005 datiert. Sie konnte damit in I. Instanz nicht vorgelegt werden.

Auch ein Ausschluss dieses Vorbringens der Kl. nach §§ 530, 520, 296 I und 4 ZPO ist nicht gerechtfertigt. Voraussetzung einer Zurückweisung des klägerischen Vortrags ist insoweit jedenfalls eine ansonsten eintretende Verzögerung des Rechtsstreits (§ 296 I ZPO und Zöller/Gummer/Heßler, ZPO 25. Aufl. § 530 Rdnr. 15 m.w. Nachw.). Eine Verzögerung des Rechtsstreits tritt aber nicht ein, weil das Urteil bei Verwertung der Zustimmungserklärung nicht später erginge, als wenn sie nicht berücksichtigt werden würde. Auf die Gewährung eines Schriftsatzrechts, der die weiträumige Bestimmung des Termins i.S. von § 128 II S. 2 ZPO entspricht, kommt es insoweit nicht an. Der Gegner der vortragenden Partei hat kein Recht, durch Verweigerung der Einlassung das Gericht zu zwingen, von dem verspäteten Vorbringen keine Kenntnis zu nehmen und dieses gem. § 296 ZPO zurückzuweisen (Zöller/Greger, aaO, § 296 Rdnr. 16). Das gilt vorliegend erst recht, da die fragliche Erklärung von der Bekl. stammt und deshalb von ihr verlangt werden kann, auf entsprechenden Vortrag der Kl. sofort Stellung zu nehmen.

Die Bekl. hat jedoch vorgetragen, die von ihr unterzeichnete Erklärung erst abgegeben zu haben, nachdem sie sich mit dem Bekl. Ziffer 1 über den Verkauf des gemeinschaftlichen Hauses geeinigt habe. Hieraus sei zu folgern, dass die Zustimmung zur Errichtung der Mobilfunkantenne nur für diesen Fall gelten solle.

Bei der Auslegung von Willenserklärungen ist der wirkliche Wille zu erforschen. Der buchstäbliche Sinn des Ausdrucks tritt demgegenüber zurück (§ 133 BGB). Außerdem ist der Grundsatz von Treu und Glauben und das Erfordernis der Verkehrssitte zu beachten (§ 157 BGB). Die Auslegung hat sich danach auszurichten, was als Wille für denjenigen erkennbar geworden ist, für den die Erklärung bestimmt war (BGH NJW 1992, 1446 m.w. Nachw.). Wird der tatsächliche Wille des Erklärenden bei Abgabe einer empfangsbedürftigen Willenserklärung festgestellt, und hat der andere Teil die Erklärung ebenfalls in diesem Sinne verstanden, dann bestimmt dieser Wille den Inhalt des Rechtsgeschäfts, ohne dass es auf Weiteres ankommt (BGH NJW 2002, 1038 f. m.w. Nachw.). Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinn verstanden, so geht der wirkliche Wille des Erklärenden dem Wortlaut vor (BGH aaO).

Die Behauptung der Bekl., ihre Zustimmungserklärung habe nur für den Fall des Verkaufs des Hauses gelten sollen, wird durch die Darstellung der Kl. bestätigt. Diese haben insoweit vorgetragen, das Schriftstück vom 02.12.2005 nicht zu einem früheren Zeitpunkt in den Prozess eingeführt zu haben, weil sie davon ausgegangen seien, dass die Zustimmungserklärungen der Bekl. – einerseits zum Verkauf des Hauses, andererseits zur Errichtung der Mobilfunkantenne und damit zum Abschluss des streitgegenständlichen Mietvertrages – untrennbar miteinander verbunden waren. Die Wirksamkeit des in Rede stehenden Einverständnisses hing also vom Hausverkauf ab. Damit haben die Kl. die Erklärung der Bekl. in Übereinstimmung mit dieser dahin verstanden, dass sie unter eine Bedingung gestellt war und, weil diese Voraussetzung nicht eingetreten ist, bisher keine Wirkung entfalten sollte.

Nach den dargestellten Grundsätzen kommt es weder darauf an, dass im Text der Zustimmungserklärung keine Bezugnahme auf den Hausverkauf zu finden ist, noch spielt die Aufspaltung beider Erklärungen eine Rolle, die in der Niederschrift auf verschiedenen Blättern besteht. Diese Umstände wären nur dann von Bedeutung, wenn für die Kl. allein der Wortlaut der Erklärung der Bekl. maßgebend gewesen wäre. Das ist, wie dargestellt, aber nicht der Fall.

Auf die erklärte Zustimmung kann die Klage mangels Bedingungseintritts nicht gestützt werden.

Auch andere Anspruchsgrundlagen können der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.

Zu Recht hat das LG mit Blick auf § 745 II BGB ausgeführt, dass eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung nur dann verlangt werden kann, wenn weder eine Vereinbarung noch ein Mehrheitsbeschluss hierüber vorliegen. Das LG hat hierzu ausgeführt, im an die Prozessbevollmächtigte der Kl. gerichteten Schreiben der Bekl. vom 29.05.2004 sei ein Mehrheitsbeschluss mit dem Inhalt zu erblicken, den Mietvertrag nicht abzuschließen. Gegen diese Wertung wendet die Berufung nichts ein.

Im Gegensatz zur Meinung der Kl. entspricht die Mehrheitsentscheidung (der Bekl.), den Mietvertrag über die Errichtung der Mobilfunksendestation auf dem Dach des gemeinschaftlichen Wohnhauses nicht abzuschließen, einer dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechenden Verwaltung und Benutzung i.S. von § 745 II BGB. Zwar kann es ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, etwa zur Beschaffung von Mitteln zur Bestreitung der durch die Verwaltung entstandenen Verbindlichkeiten, nicht nur das gemeinschaftliche Eigentum zum Zwecke der Kreditbeschaffung zu belasten. Auch die Veräußerung von Teilflächen des im Bruchteilseigentum stehenden Grundstücks kann ein Akt ordnungsgemäßer Verwaltung sein, dem sich kein Teilhaber widersetzen darf (BGHZ 140, 63 ff.).

Allerdings hat der BGH bezüglich der Berücksichtigung von Einnahmen aus der Vermietung von Dachflächen bei der Ermittlung der Kostenmiete festgestellt, dass zumindest im Anwendungsbereich von § 31 I Satz 1 II. BV die Vermietung von Dachflächen zum Betrieb von Mobilfunkantennen nicht zur ordentlichen Bewirtschaftung eines Gebäudes zählt (BGH NJW-RR 2006, 380 f.).

Die Bekl. hat die Verweigerung ihrer Zustimmung mit der Befürchtung begründet, der Verkehrswert des gemeinschaftlichen Gebäudes werde sich verringern, wenn die Mobilfunksendestation auf dessen Dach installiert wird. Diese Befürchtung ist nicht unbegründet und lässt die wohlverstandenen Interessen der Gemeinschaft nicht außer Acht.

Zwar können aus dem Nachbarrecht Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche in der Regel nicht hergeleitet werden, wenn die Grenzwerte der 26. BImSchV eingehalten sind. Die Einhaltung der in Gesetzen oder Rechtsverordnungen i.S. des § 906 I S. 2 BGB festgelegten Grenz- oder Richtwerte indiziert regelmäßig die Unwesentlichkeit der auf ein Grundstück einwirkenden Beeinträchtigung (BGH PatR 2005, 9 ff.). Unter dieser Voraussetzung kann auch ein Mieter von Wohnraum die Beseitigung einer Mobilfunkantenne oder die Einstellung deren Betriebs nicht verlangen. In der Rechtsprechung und im Schrifttum ist anerkannt, dass eine Mietwohnung keinen Sachmangel (§ 536 BGB) aufweist, wenn eine in der Nähe gelegene Mobilfunksendeanlage die in der 26. BImSchV festgelegten Grenzwerte für elektromagnetische Felder nicht überschreitet (BGH WuM 2006, 304 ff. m.w. Nachw.).

Allerdings hat der BGH in der letztgenannten Entscheidung ausdrücklich ausgeführt, dass nach der Verkehrsanschauung gegebenenfalls bereits die begründete Besorgnis einer Gesundheitsgefahr die Gebrauchstauglichkeit der Mieträume zu Wohnzwecken beeinträchtigen kann (BGH WuM 2006, 304 ff. m.w. Nachw.). Das LG ist hiervon nicht abgewichen; ein Sachverständigengutachten über mögliche Gesundheitsgefahren im vorliegenden Fall war deswegen auch nicht nötig.

Auch das OLG Hamm und das Bayerische Oberste Landesgericht haben ausgeführt, dass die derzeit bestehende Ungewissheit, ob und in welchem Maße von Mobilfunkantennen gesundheitliche Gefahren für die in unmittelbarer Nähe zu der Anlage wohnenden Menschen ausgehen, für die Annahme einer tatsächlichen Benachteiligung ausreicht, die ein Wohnungseigentümer nach dem Maßstab des § 14 Nr. 1 WEG nicht hinnehmen muss (OLG Hamm NJW 2002, 1730 ff., BayObLGZ 2002, 82 ff.).

Die Befürchtung einer Wertminderung des Gebäudes ist daher zumindest im Hinblick auf die Vermietbarkeit einzelner Wohnungen und die Aufteilung des Gebäudes in Eigentumswohnungen und deren Verwertung gerechtfertigt. Bei einer Vermietung kann möglicherweise nur ein geringerer Mietzins erzielt werden, auch wenn ein Mangel der Wohnung im Rechtssinne nicht besteht. Dasselbe gilt, wenn nach einer – zwar nicht geplanten, aber möglichen – Aufteilung des Gebäudes in Eigentumswohnungen diese verwertet werden sollen.

Die Verweigerung der Zustimmung zum Abschluss des streitgegenständlichen Mietvertrages durch die Bekl. widerspricht daher bereits deswegen nicht der ordnungsgemäßen Verwaltung, weil die Nutzung des Gebäudes durch Vermietung oder seine Verwertung durch Verkauf (von Miteigentumsanteilen) durch die Installation der Mobilfunksendeanlage beeinträchtigt werden können. Da bereits die Möglichkeit einer Wertminderung in diesem Sinne ausreicht, kommt es auf deren tatsächliches Eintreten nicht an.

Im vorliegenden Fall tritt hinzu, dass die aus dem abzuschließenden Mietvertrag zu erwartenden Mieteinnahmen noch nicht einmal ausreichen können, den von den Kl. einbehaltenen Anteil an den Finanzierungsaufwendungen auszugleichen. Es kann dabei offen bleiben, ob das Verhalten der Kl. angesichts der Vorgehensweise der Bekl. gerechtfertigt erscheint oder nicht. Durch den Abschluss des Mietvertrages kann die Finanzierung des gemeinschaftlichen Grundstücks nicht gesichert werden, so dass jedenfalls dessen Verwertung durch Zwangsversteigerung droht. Das klägerische Interesse an der Erzielung geringer Einnahmen für eine begrenzte Zeitspanne zur Verminderung der Verbindlichkeiten der Gemeinschaft ist geringer zu bewerten als das von der Bekl. verfolgte Ziel, eine Wertminderung des Gebäudes selbst zu verhindern. Die Entscheidung der Bekl. ist daher eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung.

Aus § 744 II BGB ergibt sich nichts anderes. Nach dem Vortrag der Kl. reichen die mit dem angestrebten Mietvertrag erzielten Einnahmen nicht aus, die laufenden Finanzierungsraten für das Gebäude zu bezahlen. Daher kann allein mit diesen Einnahmen weder die zwangsweise Verwertung des Gebäudes verhindert werden, noch steht ein Überschuss für dessen Sanierung zur Verfügung. Der Abschluss des Mietvertrages ist daher nicht notwendig, um das Gebäude (für die Miteigentümergemeinschaft) zu erhalten.

Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass auch nach § 744 II BGB nur die Zustimmung zu solchen Erhaltungsmaßnahmen verlangt werden kann, die sich ihrerseits im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechend § 745 II BGB bewegen (Palandt/Sprau, BGB, 65. Aufl., § 744 Rdnr. 3 m.w.N).

Andere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich und wurden von den Kl. auch nicht bezeichnet.

Die Klage war daher unbegründet; die Berufung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision gem. § 543 II ZPO liegen nicht vor.

Vorinstanzen

LG Heidelberg, 1 O 360/04

Rechtsgebiete

Informations- und Telekommunikationsrecht

Normen

BGB §§ 133; 157, 744 II; 745 II; ZPO §§ 296; 520; 530; 531; 26. BImSchV