Kick mit Folgen: Wenn der Ball über den Zaun fliegt

Kick mit Folgen: Wenn der Ball über den Zaun fliegt

Wenn im Garten, auf der Straße oder im Hof Ball gespielt wird, landen die runden Sportgeräte schnell mal da, wo sie eigentlich nicht hin sollen. Dann ist die Verunsicherung groß, ob man den Ball auf Abwegen so einfach von überall zurückholen darf.

Hier einige wichtige Antworten.


Darf der Nachbarjunge über den Zaun steigen, um seinen Ball zu holen?

Dabei handelt es sich um die grundsätzlichere Frage: Unter welchen Umständen ist das Betreten des Nachbargrundstückes erlaubt? Grundsätzlich, also in der Regel, darf ein Grundstückseigentümer jedermann davon ausschließen, sein Grundstück zu betreten (§ 903, Bürgerliches Gesetzbuch).

Solange er keine Einwilligung erteilt, ist es dem Nachbarn also untersagt, über die Grundstücksgrenze zu gehen oder sie sonst zu missachten. Wer zuwider handelt, erfüllt oft den Tatbestand des Hausfriedensbruchs; § 123 Strafgesetzbuch. Der Eigentümer darf das Nachbargrundstück auch nicht betreten, um von seinem Baum Obst zu ernten.

Im Einzelfall kann es jedoch Ausnahmen geben. So etwa, um eben einen Ball zurückzuholen und zu Putzarbeiten an Garage und Grenzmauer. In diesen Fällen muss der Grundstücksbesitzer, auch wenn es für den Einzelfall keine spezielle gesetzliche Regelung gibt, das Betreten aufgrund des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses in der Regel dulden.

Das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis ist ein besonderer Ausdruck des Grundsatzes von Treu und Glauben. Gesprochen wird auch vom nachbarschaftlichen und vom nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis. Im Grundsatz geht es bei ihm um die Pflicht eines jeden Nachbarn, auf den anderen Rücksicht zu nehmen (Gebot der Rücksichtnahme). Die §§ 906 bis 924 des Bürgerlichen Gesetzbuches konkretisieren die sich aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten. Im Rahmen des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses sind die gegenläufigen Interessen gegeneinander ab­zuwägen. Ergebnis des Abwägungsprozesses kann eine Pflicht zur Duldung oder Unterlassung sein; aber auch, dass dem Nachbarn nur ein Ausgleichs­anspruch zusteht. Aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis wird bislang nicht die Pflicht entnommen, die den Nachbarn schonendste Nutzungsmöglichkeit zu wählen; in diese Richtung kann sich die Rechtsprechung jedoch noch entwickeln.

Auch durch Notstand kann das Betreten im Einzelfall gerechtfertigt sein. Das ist beispielsweise der Fall, wenn Erdreich auf das Nachbargrundstück abzurutschen droht (§ 228, Bürgerliches Gesetzbuch: aggressiver Notstand) oder wenn ein einsturzgefährdetes Haus nur vom Nachbargrundstück aus gestützt werden kann (defensiver Notstand: § 904, BGB).

 

Kann ich mich dagegen wehren, dass Bälle von Sportanlagen ständig auf mein Grundstück fallen?

Aufgrund des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses, muss geduldet werden, dass  gelegentlich ein Ball zurückgeholt wird. Wird dagegen häufig gestört, kann der Eigentümer das Betreten des Grundstückes und das Herüberfliegen der Bälle abwehren (§ 1004, Bürgerliches Gesetzbuch). Er kann verlangen, dass ein Fangnetz aufgespannt wird. Schäden, die durch die Bälle oder das Betreten des Grundstückes verursacht werden, müssen im Allgemeinen ersetzt werden (§ 823 Absatz 1, Bürgerliches Gesetzbuch). Es fehlt Rechtsprechung, die genaue Grenzen zieht. Das rührt auch daher, dass es letztlich einzelfallbezogen darauf ankommt, was sich aus Treu und Glauben ergibt.

 

Muss man Lärm von Ball spielenden Kindern dulden?

Kinder sollen sich entwickeln. Dazu gehört auch, dass sie spielen können. Die Rechtsprechung räumt ein, dass es im Innenhof, auf dem Bolzplatz, in der Spielstraße oder in der Wohnung lauter zugehen kann. Wenn der Lärm das gewöhnliche Maß nicht übersteigt und die allgemeinen Ruhezeiten im Wesentlichen beachtet werden, müssen Sie Lärm von spielenden Kindern dulden. Das gilt auch in einer Wohnungseigentumsanlage. Selbst wenn in der Hausordnung steht, dass sämtliche Hausbewohner zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet sind, gilt das nicht für üblichen Lärm, der zum Beispiel am Spielplatz entsteht. Dies folgt aus dem Interesse der Allgemeinheit an einer kinderfreundlichen Umwelt (Landgericht Heidelberg, Aktenzeichen 8 S 2/96). Das Gericht in Heidelberg hat ausdrücklich begrüßt, wenn Eltern zusammen mit ihren Kindern spielen. Auf einem Spielplatz gilt auch der Lärm von Kindern als ortsüblich, die selbst nicht im Haus wohnen, aber Kinder von Hausbewohnern besuchen. Die Tendenz, zugunsten von Kindern zu entscheiden, ist stark. Allerdings sollten auch Kinder unnötigen Lärm in den Ruhezeiten vermeiden. Diese sind regional unterschiedlich. Meist ist Ruhezeit zwischen 12 und 14 Uhr oder 13 bis 15 Uhr, in der Nacht von 22 bis 6 Uhr und ganztägig an Sonn- und Feiertagen.